Die Angst der Politik vor dem Überbevölkerungsdiskurs
Im Prinzip ist es sehr einfach und bei genauer Betrachtung auch unwiderlegbar: nahezu alle aktuellen globalen Probleme auf unserem Planeten sind eine Folge unserer menschlichen Überbevölkerung. Natürlich kann und sollte man auch differenziert auf Faktoren wie Konsum, Wohlstand, etc. mit eingehen, aber letzten Endes ist es die explosionsartige Vermehrung unserer Spezies, die für den Klimawandel, das Massenartensterben, die Vermüllung der Ozeane und unserer gesamten Umwelt, für die dramatische Abholzung des Regenwaldes, die Verknappung von Ressourcen, die diversen Kriege und einen insgesamt zunehmend apokalyptisch anmutenden Zustand unserer Erde verantwortlich ist. Die oft bemühten Gegenargumente, Mythen und Irrtümer, wonach wir angeblich gar kein Überbevölkerungsproblem hätten, lassen sich einfach und logisch entkräften. Wie kann es dann sein, dass die Politik dieses eigentlich so wichtige Thema und die Ursache unserer akutesten Probleme weitgehend ignoriert oder verharmlost? Auf diese Frage möchten wir nachfolgend Antworten liefern und auch aufzeigen, warum hier Veränderungen dringend notwendig sind.
Vor einigen Jahren und Jahrzehnten war es auch für westliche Politiker noch relativ normal, das rapide Wachstum unserer Bevölkerung als Problem öffentlich anzusprechen. Ein Beispiel dafür ist der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt, der dieses Thema mehrfach kritisch kommentiert hat (hier in einem kurzen Videoausschnitt zu sehen). Es gab international tätige Organisationen, die sehr viele öffentliche Gelder für Aufklärungsarbeit erhielten und von der Politik im Kampf gegen die Überbevölkerung unterstützt wurden. Aber die Zeiten haben sich geändert. Heute ist das Thema in der politischen Welt ein Tabu und auch die meisten Nichtregierungsorganisationen haben das Wort „Überbevölkerung“ aus ihrem Sprachgebrauch verbannt, obwohl sie teilweise immer noch die selbe Arbeit machen, wie vor 30 Jahren. Die ganze Bevölkerungsdiskussion ist mit einer scheinbar negativen Assoziation belegt und wird von allen großen demokratischen Parteien in Deutschland gemieden oder heruntergespielt. Die Gründe dafür sind zum Teil durchaus nachvollziehbar und liegen in der geschichtlichen Entwicklung im Umgang mit diesem Thema begründet. Gegen Mitte des 20. Jahrhundert lösten die rasant steigenden Bevölkerungszahlen weltweit große Debatten aus, an denen zahlreiche Regierungen aber auch NGOs, die katholische Kirche und Völkerrechtler beteiligt waren. Es wurden verschiedene Bemühungen unternommen, dieser Bevölkerungsexplosion insbesondere in der Dritten Welt entgegenzuwirken. Die Bandbreite der Maßnahmen reichte von Aufklärungskampagnen über Verhütungsprogramme bis hin zu autoritären Eingriffen in Menschenrechte, z. B. durch Zwangssterilisationen in Indien oder der 1-Kind-Politik in China. Fast so vielfältig wie die unternommenen Handlungen waren auch die Standpunkte und Argumente der zahlreichen Akteure, doch im Großen und Ganzen bildeten sich zwei gegensätzliche Überzeugungen aus. Während die eine Seite in der Bevölkerungsexplosion eine weltweite Bedrohung für die Menschheit erkannte und damit eine Rechtfertigung für notwendige Eingriffe in die Menschenrechte schuf, lehnten andere jeglichen Eingriff ab und betonten das aus ihrer Sicht höher stehende Recht auf Selbstbestimmung bei der Familienplanung. Insgesamt nahm aber die Kritik an der Überbevölkerungsdebatte immer mehr zu, was nicht zuletzt auch an der Sicht- und Arbeitsweise der westlichen Länder lag, da diese ihre Maßnahmen auf die bevölkerungsreichen Entwicklungsländer konzentrierten, ohne sich selbst in der Verantwortung durch ein übertriebenes Konsumverhalten zu sehen. Und nicht selten mischten sich, auch in Deutschland, rassistische Motivationen in die Bevölkerungsdebatte ein, bei denen das hohe Bevölkerungswachstum in der Dritten Welt als vermeintliche Ursache für die unerwünschte Zuwanderung von Ausländern und allgemeinen Flüchtlingsströmen dargestellt wurde. Dem internationalen Bevölkerungsdiskurs wurde immer öfter ein Stempel aufgedrückt, der die reichen Länder pauschal als postkolonial, fremdenfeindlich und arrogant verurteilte und manche der ärmeren Länder entweder für ihren autoritären oder – dem entgegengesetzt – planlosen Umgang mit den eigenen Bevölkerungsproblemen kritisierte. Somit geriet die öffentliche Debatte über die Überbevölkerung immer mehr in Verruf und nahezu alle westlichen Staaten änderten schließlich ihren Umgang damit, indem sie offiziell nichts mehr damit zu tun haben wollen und das Feld nun den Rechtspopulisten und Rassisten überlassen.
Die heutigen Politiker scheuen das Thema aber auch aus einem anderen Grund: wenn sie die Überbevölkerung öffentlich als ein (dringendes und ursächliches) Problem anerkennen würden, dann müssten sie auch mögliche Lösungen des Problems liefern. Das erwartet man von Politikern. Und mögliche Lösungen gegen die Überbevölkerung sind noch wesentlich unpopulärer als das Problem selbst. Denn man kann den Menschen den natürlich vorhandenen Wunsch, Kinder zu bekommen, nicht ausreden, ohne dabei erhebliche Kritik zu riskieren und sich unbeliebt zu machen. Potentielle Mütter und Väter, die Kirchen, die Wirtschaft und große Teile der Gesellschaft wollen – wenn auch aus teils sehr unterschiedlichen Motiven – dass die Menschen sich hierzulande vermehren und Kinder bekommen, und zwar so viele wie sie wollen. Kein Politiker, der wiedergewählt werden will, möchte sich bei diesem heiklen und komplexen Thema die Finger verbrennen und die eigene Karriere riskieren. Statt dessen wird, wenn es um die Sicherung unserer Lebensgrundlagen, unserer Umwelt oder des Klimas geht, zu wesentlich harmloseren Mitteln gegriffen: Elektromobilität, Energiewende, Bauwende, Agrarwende und dergleichen. Das sind Handlungen, die dem Volk gefallen oder zumindest nicht negativ aufstoßen, denn sie sind scheinbar nachhaltig und kurbeln zugleich auch noch die Wirtschaft an, sichern Arbeitsplätze und so weiter. Zur Freude der Politiker wird sich die tatsächliche Wirkung dieser grünen Technologien erst durch die nachkommenden Generationen mess- und spürbar beurteilen lassen und für eine Kritik, man hätte diese Maßnahmen weit überbewertet oder gar völlig falsch eingeschätzt, sind die Verantwortlichen dann längst aus den politischen Ämtern in die Vorstände der Industrie verschwunden. Die Maßnahmen der vermeintlich grünen Technologien und der vielen hochgelobten Wenden sind nämlich bestenfalls sehr gering, meistens jedoch sogar kontraproduktiv in Bezug auf Nachhaltigkeit. Sie dienen in erster Linie dazu, unseren hohen Konsum aufrechtzuerhalten und zu steigern. Die hart erkämpften und teilweise lächerlich kleinen Schritte im Klima- und Umweltschutz sind aber faktisch nutzlos, wenn die Bevölkerung weiter wächst, immer mehr konsumiert und das was einerseits mühsam eingespart wurde, durch die steigende Anzahl an Menschen wieder aufgehoben oder sogar verschlimmert wird. Gleichzeitig werden viele andere Probleme gar nicht oder nur äußerst schleppend angegangen (Plastikmüll in den Weltmeeren, Hungersnöte, Artensterben, etc.) da unsere Politiker damit heillos überfordert sind, an allen Problemfronten gleichzeitig zu kämpfen.
Wenn man aber statt dessen die Überbevölkerung bekämpfen und die Geburtenraten (auch hierzulande!) mittelfristig deutlich senken würde, dann ginge damit automatisch auch der Konsum zurück, es würden automatisch weniger CO2 und weniger Müll produziert und weniger Ressourcen verbraucht werden. Ein Mensch weniger auf dem Planten bedeutet eine deutlich stärkere und vor allem auch eine wirksamere Reduktion des ökologischen Fußabdrucks als alle anderen erdenklichen Maßnahmen. Das ist keineswegs menschenfeindlich, sondern zum Schutz unserer nachfolgenden Generationen zwingend notwendig, sonst wird es keine ausreichende Lebensgrundlagen für die Nachwelt geben. Anstatt also halbherzig, zeitraubend und erfolglos nur die Symptome unserer Überbevölkerung bekämpfen zu wollen, sollten wir viel eher die eigentliche Ursache unserer Probleme direkt bekämpfen.
Es ist es höchste Zeit, das Thema endlich zu enttabuisieren und offensiv an Lösungen zu arbeiten. Die Gesellschaft braucht eine Aufklärung anstatt einer Irreführung. Wie soll man Probleme bewältigen, wenn man sie nicht aussprechen oder wahr haben will, sie herunterspielt, verharmlost und negiert? Die Politik muss hier endlich handeln!
Unter sinnvollen und notwendigen politischen Maßnahmen für eine nahhaltige Bevölkerungsentwicklung verstehen wir vor allem
- die gesellschaftliche Aufklärung und Sensibilisierung sowie die öffentliche und politische Auseinandersetzung mit dem Problem der Überbevölkerung,
- die Schaffung einer zeitgemäßen Familienpolitik, d.h. Förderung von kleinen Familien mit nur wenigen oder auch gar keinen Kindern (zugleich Förderung der Qualität der Erziehung, das bedeutet auch mehr in die pädagogische Ausbildung der zukünftigen Eltern zu investieren, so könnte z. B. Pädagogik als Pflichtfach an den Schulen etabliert werden, denn Kindererziehung ist wesentlich wichtiger als z. B. Religionsunterricht oder Kunst),
- Legalisierung und Vereinfachung der Abtreibung, inkl. Recht auf angemessene und unabhängige Beratung (frei von kirchlicher Einmischung)
- sowie auch ein verstärktes außenpolitisches Engagement in diesem Bereich, z. B. durch stärkere Förderung von Entwicklungsländern insbesondere in den Bereichen Bildung, Arbeit, Gesundheit, Frauenrechte und Familienplanung, zudem durch den nachdrücklichen Einsatz für ein weltweites Recht auf Verhütung und Abtreibung (nicht nur in den Entwicklungsländern, siehe z. B. USA, Polen, England, Ungarn, etc.).
Eine demographische Entwicklung mit deutlich abnehmenden Geburtenraten führt zweifellos auch zu weitreichenden gesellschaftlichen und ökonomischen Herausforderungen. Diese sind jedoch weitaus geringer als die, welche wir aktuell aufgrund unserer Überbevölkerung erleben. Ohne tiefgreifende Veränderungen wird uns der Ausweg aus den zahllosen Krisen nicht gelingen. Es liegt an uns, den richtigen Weg zu wählen. Dazu braucht es auch mehr Mut in der Politik und vor allem eine aufgeklärte Gesellschaft, die dies einfordert.
„Anders als die Plagen des Mittelalters oder heutige Krankheiten, die wir noch nicht verstehen, ist die moderne Plage der Überbevölkerung mit Mitteln die wir entdeckt haben und mit Ressourcen die wir besitzen lösbar. Was fehlt, ist nicht das ausreichende Wissen um die Lösung, sondern das allgemeine Bewusstsein für die Schwere des Problems und die Aufklärung der Milliarden, die seine Opfer sind.“
- Martin Luther King
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